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Dokumentart(en): Zeitschriftenbeitrag Forschungsergebnis Online-Publikation
Titel der Veröffentlichung: Der Reha-Gedanke muss bei dieser Erkrankung völlig neu gedacht werden: Qualitative Ergebnisse einer Online-Befragung zu Erfahrungen Betroffener mit stationärer Rehabilitation bei Long/Post-COVID

Bibliographische Angaben

Autor/in:

Hammer, Sabine; Schmidt, Julia; Conrad, Annett [u. a.]

Herausgeber/in:

k. A.

Quelle:

ZEFQ, 2024, 188, Seite 14-25, Frankfurt am Main: Bund, ISSN: 1865-9217 (Online)

Jahr:

2024

Der Text ist von:
Hammer, Sabine; Schmidt, Julia; Conrad, Annett [u. a.]

Der Text steht in der Zeitschrift:
ZEFQ, 188, Seite 14-25

Den Text gibt es seit:
2024

Online-Publikation anzeigen (DOI: 10.1016/j.zefq.2024.05.007)

Inhaltliche Angaben

Beschreibung:

Das steht in dem Text:

Hintergrund

Bis Ende 2022 nahmen in Deutschland etwa 70.000 Menschen mit Long COVID bzw. einem Post-COVID-Syndrom (PCS) eine stationäre medizinische Rehabilitation in Anspruch. Bisherige Untersuchungen zur Wirksamkeit von Rehabilitation bei PCS sind unter anderem aufgrund der Heterogenität des Krankheitsbildes, der Variabilität der angebotenen Maßnahmen sowie uneinheitlicher Endpunkte nur begrenzt aussagekräftig. Damit bleibt unklar, ob bzw. inwieweit etablierte Reha-Maßnahmen für zum Beispiel pulmologische, kardiologische, psychosomatische oder neurologische Erkrankungen bei PCS geeignet sind.

Ziel

Erfassung von Erfahrungen und Perspektiven PCS-Betroffener in Bezug auf stationäre Rehabilitation und Darstellung von Werten und Wünschen der Patient*innen im Sinne der evidenzbasierten Medizin.

Methoden

Im Januar/Februar 2023 wurde von der Betroffenen-Initiative Long COVID Deutschland eine retrospektive Online-Umfrage (39 geschlossene Fragen, 2 offene Antwortfelder) unter erwachsenen PCS-Erkrankten zu Erfahrungen mit stationärer Rehabilitation durchgeführt. Die Rekrutierung erfolgte über soziale Medien und Webseiten von Betroffenen-Initiativen. Die Auswertung der offenen Antworten wurde anhand einer strukturierenden und zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring vorgenommen, ergänzt durch deskriptive Darstellungen der Verteilung standardisierter Angaben.

Ergebnisse

Von 1.191 gültigen Rückläufen nutzten 733 Teilnehmer*innen (TN) offene Antwortformate, um ihre Erfahrungen und die Auswirkungen einzelner Maßnahmen auf ihren Allgemeinzustand ergänzend zu explizieren. 366 (50%) berichteten von Verschlechterungen ihres Gesundheitszustands, insbesondere infolge von Kraft- und Ausdauertraining sowie zu umfangreicher Behandlungspläne. Als häufigste Barrierefaktoren des Reha-Erfolgs wurde das Vorliegen einer post-exertionellen Malaise (PEM) bzw. deren unzureichende Berücksichtigung während der Rehabilitation benannt. Als Förderfaktoren wurden die Anerkennung und Akzeptanz der individuellen Leistungsgrenzen, eine auf individuelle Einschränkungen zugeschnittene, flexible und abgestimmte Behandlungsplanung sowie die Unterstützung in der Krankheitsbewältigung beschrieben. Bei Vorliegen einer PEM kann eine Reha aus Sicht der Befragten dann hilfreich sein, wenn die Vermeidung einer Verschlechterung des Gesundheitszustands infolge Überanstrengung sowie das Erlernen entsprechender Verhaltensstrategien (Pacing) im Vordergrund stehen.

Diskussion

Die Ergebnisse sind nicht statistisch repräsentativ, gewährleisten jedoch einen systematischen Einblick in subjektive Perspektiven von Betroffenen, deren Berücksichtigung eine der drei Säulen von evidenzbasierter Medizin darstellt. Die Untersuchung zeigt, dass für PCS-Betroffene mit PEM bereits die Erfüllung von Mindestanforderungen an Rehabilitationsmaßnahmen zu einer Überlastung und Verschlimmerung führen kann.

Schlussfolgerungen

Gängige, fachspezifische Reha-Konzepte erscheinen nur bedingt geeignet, um dem Krankheitsbild eines PCS gerecht zu werden. Ziele und Inhalte sollten individuell angepasst und abgestimmt werden und Maßnahmen zu Pacing sowie Krankheitsbewältigung im Vordergrund stehen. Eine zuverlässige Prüfung auf PEM und Reha-Fähigkeit vor bzw. zu Beginn der Rehabilitation ist notwendig, um die Sicherheit für Betroffene zu gewährleisten. Um Studien zur Wirksamkeit von Rehabilitation adäquat einordnen zu können, sollten dort auch Risiken und Nebenwirkungen offengelegt werden.

Wo bekommen Sie den Text?

ZEFQ - Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen
The Journal of Evidence and Quality in Health Care
Supports Open Access
https://www.zefq-journal.com/

Weitere Informationen zur Veröffentlichung

ZEFQ - Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen
The Journal of Evidence and Quality in Health Care
Supports Open Access
https://www.zefq-journal.com/

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The idea of rehabilitation will have to be completely rethought for this illness: Qualitative results of an online survey on patients’ experiences with inpatient rehabilitation for post COVID-19 condition (long COVID

Background
In Germany, an estimated number of 70,000 people diagnosed with long COVID or post-COVID syndrome (PCS) had received inpatient medical rehabilitation by the end of 2022. Due to the heterogeneity of the clinical picture, the variability of interventions and inconsistent endpoints, previous studies on the effectiveness of rehabilitation are of limited value. It therefore remains unclear whether and to what extent rehabilitation measures established for, e.g., pulmonary, cardiovascular, or neurological diseases are suitable for patients with PCS.

Objectives
To identify the experiences and perspectives of those affected by PCS, in relation to inpatient rehabilitation and to describe patients’ values and wishes with respect to evidence-based medicine.

Methods
In January/February 2023, the German initiative “Long COVID Deutschland” conducted a retrospective online survey (39 closed items, two open answer fields) among adult PCS sufferers on their experiences with inpatient rehabilitation. Recruitment was carried out via social media and websites of patient initiatives. The open answers were analyzed using a structuring and summarizing qualitative content analysis according to Mayring, supplemented by descriptive representations of the distribution of standardized information.

Results
Of 1,191 participants in the survey, 733 used open response formats to additionally explain their experiences and the effects of individual measures on their general condition. 366 (50%) reported that their state of health deteriorated, mainly because of strength or endurance training and too extensive treatment plans. The presence of a post-exertional malaise (PEM) or its insufficient consideration during rehabilitation was described as the main barrier. Recognition and acceptance of individual performance limits, flexible and coordinated individual treatment plans tailored to the patient’s limitations, and support in coping with the disease were described as supportive factors. From the participants’ perspective, learning strategies to avoid deterioration in their state of health due to overexertion, the so-called pacing, should be the core treatment goal for patients affected by PEM.

Discussion
The results are not statistically representative but ensure systematic insights into the subjective perspectives of those affected, the consideration of which represents one of the three principles of evidence-based medicine. The results show that for PCS patients with PEM, even minimum requirements for rehabilitation measures can lead to overexertion and aggravation.

Conclusions
Common subject-specific rehabilitation concepts appear to be only partially suitable for dealing with the symptoms and the heterogeneity of the disease. Aims and interventions should be individually adapted, and the focus should be on pacing, disease coping and management. A reliable test for PEM and rehabilitation ability before the start of rehabilitation is needed to ensure safety for those affected. To adequately classify studies on the effectiveness of rehabilitation, risks and side effects should be disclosed.

Referenznummer:

R/ZA0313/0001

Informationsstand: 03.09.2024