Dokumentart(en): Sammelwerksbeitrag Forschungsergebnis Online-Publikation
Titel der Veröffentlichung: Warum bewerten Ärztinnen und Ärzte gutachterlich attestierte sozialmedizinische Leistungsbeurteilungen unterschiedlich?

Die Beurteilung des Leistungsvermögens ist die zentrale Fragestellung sozialmedizinischer Gutachten. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) prüft seit 2014 die Qualität dieser Gutachten über ein bundesweites Peer Review-Verfahren.

Wichtigstes Prüfkriterium ist dabei die Nachvollziehbarkeit des gutachterlich attestierten quantitativen Leistungsvermögens hinsichtlich des allgemeinen Arbeitsmarktes: In der sogenannten „Ampelfrage“ bewerten die Peers (=sozialmedizinisch geschulte Ärztinnen und Ärzte aller DRV-Träger), ob im Gutachten die entsprechende Argumentationskette
a) nachvollziehbar („Grün“),
b) lückenhaft, aber überbrückbar („Gelb“), oder
c) unterbrochen und nicht überbrückbar („Rot“) ist.

Dabei ist von Bedeutung, dass Peers die Nachvollziehbarkeit der gutachterlich attestierten sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung wiederkehrend unterschiedlich bewerten (Strahl et al., 2016). Die konkreten Gründe für dieses unterschiedliche Bewertungsverhalten (= „Interrater-Reliabilität“) sind aktuell weitgehend unklar. Die „Interrater-Reliabilität“ wird im Verfahren jährlich durch die parallele Begutachtung von drei Gutachten durch alle Peers überprüft (sogenannten „Kalibrierungsgutachten“).

Ziel dieser Studie ist es, durch die Analyse der individuellen Peer-Bewertungen dieser Kalibrierungsgutachten Einblicke in deren Entscheidungsverhalten zu erhalten.

Die individuell divergierende Wahrnehmung und Gewichtung von konkret definierbaren (sozial-)medizinischen Mängelinhalten in einem Gutachten führen dazu, dass Ärztinnen und Ärzte die gutachterlich attestierte sozialmedizinische Leistungsbeurteilung unterschiedlich bewerten.