Trotz wirtschaftlicher Stagnation kann fast jedes zweite Unternehmen in Lippe offene Stellen längerfristig nicht besetzen. Mehr als jedes dritte Unternehmen befürchtet einen Verlust von Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen wie zur Stärkung von Digitalisierungskompetenzen sind starke Instrumente der Unternehmen gegen Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung. Die
IHK Lippe hatte im vergangenen Dezember eine Umfrage zur Fachkräftesituation durchgeführt, an der sich mehr als 450 Betriebe beteiligt haben.
Die Personalengpässe betreffen die Breite der Wirtschaft und ziehen sich mittlerweile durch nahezu alle Branchen und Berufe. Einige Branchen sprechen nicht nur von Lücken bei Fachkräften, sondern von einem allgemeinen Mangel an Arbeitskräften. Am häufigsten fehlen in den lippischen Unternehmen beruflich Qualifizierte mit dualer Ausbildung. 53 Prozent der Unternehmen, die vergeblich nach Beschäftigten suchen, würden gern dual ausgebildete Praktiker:innen einstellen.
Der Mangel an Arbeits- und Fachkräften hat gravierende Folgen in den Betrieben und ist ein deutliches Standortrisiko. Mehr als jedes zweite Unternehmen wird sein Angebot einschränken oder Aufträge ablehnen müssen. Fast die Hälfte erwartet steigende Lohnkosten, um die knappen Mitarbeitenden halten zu können. Mehr als jedes dritte Unternehmen geht sogar von einem Verlust der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit aus. 13 Prozent erwägen bei anhaltendem Fachkräftemangel eine (Teil-) Verlagerung des Betriebes in eine andere Region oder ein anderes Land, in der Industrie sind es sogar 29 Prozent. Insgesamt etwa 10 Prozent denken sogar über eine Gewerbeabmeldung oder Schließung des Unternehmens nach.
Um gegensteuern zu können, benötigen die Betriebe passende Rahmenbedingungen. Zu den Optionen zählen die Intensivierung der Aus- und Weiterbildung, mehr Beschäftigung von Älteren und Menschen mit Behinderungen, innovative und flexible Arbeitszeitmodelle sowie Produktivitätssteigerungen und Automatisierung. Ein wichtiger Pfeiler ist auch die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. Mit der Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes möchte die Bundesregierung den Zuzug erleichtern. Für 40 Prozent der Umfrageteilnehmenden kommt die Anwerbung und Einstellung von ausländischen Mitarbeitenden in Betracht. Dabei wünschen sich fast 80 Prozent dieser Unternehmen gute deutsche Sprachkenntnisse, wohingegen nur jeder dritte Betrieb auf eine (anerkannte Berufsausbildung) Wert legt.
Die Umfrageteilnehmenden haben auch Wünsche an die Politik in der Umfrage geäußert. Oft wurde von den Unternehmen Bürokratieabbau
bzw. der Abbau administrativer Hürden gefordert. Weiter wurde der Wunsch nach verschiedenen Förderungen geäußert, beispielsweise zur Integration von Geflüchteten.
Das große Themenfeld „Fachkräfte“ ist ein Schwerpunktthema der
IHK Lippe in 2024. Hier werden neben Veranstaltungen wie zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz oder auch dem Recruting von Auszubildenden weitere Aktivitäten folgen.