Die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in das Erwerbsleben schreitet voran. Aber oft bestimmen noch Vorurteile und mangelhaftes Wissen über Behinderungen das Denken vieler Menschen. Es geht darum, Vorurteile auszuräumen und für ein Verständnis von Behinderung zu sensibilisieren, das nicht von Defiziten ausgeht, sondern von unausgeschöpften Potenzialen.
Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Dieser entscheidende Satz wurde 1994 in Artikel 3 des Grundgesetzes (
GG) aufgenommen. Bereits seit den 1980er Jahren vollzieht sich ein Paradigmenwechsel im Umgang mit Menschen mit Behinderungen, weg von einem reinen Fürsorgesystem für Menschen mit Behinderungen hin zu selbstbestimmter gleichberechtigter Teilhabe, getreu der Devise „Nichts über uns - ohne uns".
In der Sozialgesetzgebung schlug sich dieser Grundsatz vor allem in der Einführung des Sozialgesetzbuchs Rehabilitation und Teilhabe (
SGB IX; 2001) nieder, im Behindertengleichstellungsgesetz (
BGG; 2002), im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (
AGG; 2006), in der Ratifizierung der
UN-Behindertenrechtskonvention (
UN-
BRK; 2009) und zuletzt in der Einführung des Bundesteilhabegesetzes (
BTHG; Inkrafttreten der ersten Stufe 2017).
Leider ist die Datenlage, die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen betreffend, unzureichend und mit Unschärfen behaftet. So bilden die unterschiedlichsten Statistiken und Befragungen, die es in Deutschland gibt, die Personengruppen nicht deckungsgleich ab; so sind Zahlen zu unterschiedlichen Bereichen zum Beispiel zu Erwerbsquoten und Arbeitslosenquoten nur schwer vergleichbar. Dies gilt allerdings nicht nur für die Teilhabe am Arbeitsleben, sondern betrifft auch andere Lebensbereiche.
Daher hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) eine umfassende Studie in Auftrag gegeben. Sie soll erstmals für Deutschland die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft beschreiben und Bedarfe für die Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten aufzeigen.
Die Studie bezieht dabei, gemäß der
UN-
BRK, alle Menschen mit Beeinträchtigungen ein, nicht nur Menschen mit einer amtlich anerkannten (Schwer-)Behinderung. Dafür werden 26.000 Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen über ihre Teilhabemöglichkeiten in allen Lebensbereichen befragt - vom Zugang zu Bildung über Teilhabe am Arbeitsleben, Schutz vor Gewalt, Zugänglichkeit von Gebäuden und Infrastruktur bis hin zu Gesundheit und Prävention. Der vierte Zwischenbericht zu dieser Studie erscheint Ende 2020, bevor im Jahr 2021 die Ergebnisse veröffentlicht werden.