Icon Literatur
Icon Sammelwerk

Dokumentart(en): Sammelwerk Tagungsdokumentation
Titel der Veröffentlichung: Behinderung in Asien und Europa im Politik- und Rechtsvergleich

Mit einem Beitrag zu den USA

Obertitel:

Studien aus dem Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, Bandnummer: 26

Autor/in:

Maydell, Bernd von; Pitschas, Rainer; Schulte, Bernd

Herausgeber/in:

Becker, Ulrich

Quelle:

Baden-Baden: Nomos, 2003, 520 Seiten: Broschur, ISBN: 978-3-7890-8332-7

Jahr:

2003

Der Text ist von:
Maydell, Bernd von; Pitschas, Rainer; Schulte, Bernd

Der Text ist in diesem Verlag erschienen:
Nomos

Den Text gibt es seit:
2003

Beschreibung:

Das steht in dem Text:

Einführung in das Thema

Die Politik für behinderte Menschen stellt schon alleine in Deutschland ein hochkomplexes Politikfeld dar, das selbst für Praktikerinnen und Praktiker nicht leicht zu durchschauen ist. Gleichzeitig stellt die Integration behinderter Menschen im aktuellen Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen ein herausragendes Thema für ganz Europa dar, was einen Blick über die Grenzen notwendig und sinnvoll macht.

Die Sicherstellung der Teilhabe behinderter Menschen stellt wie kaum ein anderes Politikfeld einen Prüfstein für das Zusammenspiel von Sozial-, Arbeitsmarkt- und Antidiskriminierungspolitik dar. Außerdem haben hier Interessenvertretungen eine hohe Bedeutung, die in den einzelnen Ländern ein unterschiedliches Maß an Einflussnahme haben.

Ein Rechtsvergleich verschiedener Staaten - gerade aus unterschiedlichen Kulturen - kann daher wertvolle Anregungen für die Erkennung von Defiziten im je eigenen Land geben. Gleichzeitig hat die Europäische Union einen wachsenden Einfluss auf die Ausgestaltung der Gesetzgebung in den Mitgliedsländern der EU.

Hintergrund für die Entstehung des Buches

Das Buch ist im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt Teilhabe behinderter Menschen an der Bürgergesellschaft in Asien und Europa: Eingliederung im Sozial- und Rechtsvergleich der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft in Speyer und dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht in München entstanden.

Dieses Projekt verfolgt mehrere Ziele:

1. Die Darstellung der Rahmenbedingungen für die Behindertenhilfe und die Rechtsstellung behinderter Menschen in umfassenden Nationalberichten europäischer und asiatischer Länder;
2. Die rechtsvergleichende Analyse der Ausgestaltung des Rechts für behinderte Menschen in jeweils unterschiedlichen soziokulturellen Rahmenbedingungen.

Das Buch stellt die Sammlung der Beiträge dar, die im Rahmen einer internationalen Forschungskonferenz im April 2002 in Berlin vorgetragen wurden. Es ist geplant, auf diese Tagung eine weitere folgen zu lassen, die sowohl ein erweitertes Länderspektrum in den Blick nimmt als auch einen Einbezug weiterer Fachdisziplinen, wie etwa die Sozialwissenschaften, einschließen soll.

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist in insgesamt sieben Teile gegliedert. Im ersten Teil erläutert Bernd von Maydell als einer der Projektleiter den Hintergrund des Forschungsprojekts und gibt einen Einblick in die Zielsetzung und Methode der Rechtsvergleichung. Der zweite Teil ist den Nationalberichten gewidmet, wobei insgesamt 16 Länder dargestellt werden. Diese Nationalberichte folgen einem ähnlichem Aufbau und beschreiben auf jeweils 20 bis 30 Seiten die Rahmenbedingungen für die Behindertenhilfe, die rechtliche Ausgestaltung der Behindertenhilfe, die Vertretung der Interessen behinderter Menschen und geben zum Schluss noch einen Ausblick auf die wichtigsten Entwicklungstrends und Perspektiven.

Jedem Beitrag ist ein Teil angefügt, in dem die wesentlichen Informationsquellen (in der REgel Internetseiten) angegeben sind. Für Europa werden die Länder Deutschland, Schweden, Belgien, Niederlande, Italien, Spanien, Ungarn und Tschechien dargestellt. Darauf folgt ein Exkurs mit der Beschreibung der Situation in den USA, dem dann die Berichte über die VR China, Taiwan, Indonesien, Japan, Südkorea und Indien folgen. Der letzte Bericht in diesem zweiten Teil des Buches ist der Rolle von ASEM (Asia-Europe-Meeting), einem informellen Dialogforum von 26 Ländern für die Politik für behinderte Menschen gewidmet. Dieser Beitrag leitet zu den weiteren Teilen des Buches über, die allesamt Querschnittsreferate darstellen.

Die Teile III bis VII des Buches sind vornehmlich vergleichenden Aufsätzen gewidmet, die über eine bloße Rechtsvergleichung hinausgehen. So stellt Rainer Pitschas, der auch Projektleiter ist, in einem Grundsatzreferat einen kategorialen Rahmen des Politikauftrages „Integration behinderter Menschen“ dar. In weiteren Beiträgen wird die Politik für behinderte Menschen überblicksartig für Asien einerseits und für die Europäische Union andererseits dargestellt. Ein gesonderter Beitrag ist der Darstellung des Rechts und der Politik für behinderte Menschen aus der Sicht der Interessenvertretungen gewidmet.

Haupterkenntnisse
Die Lektüre der einzelnen Beiträge bestätigt, dass die Politik und das Recht für behinderte Menschen von Land zu Land höchst unterschiedlich ausgestaltet sind. Dennoch zeigen sich einige interessante Parallelen: in fast allen europäischen Ländern ist eine Abkehr vom Fürsorgeprinzip hin zu einem Empowerment-Konzept in der Politik für behinderte Menschen zu erkennen.

Gleichzeitig wird deutlich, dass die Definition des Personenkreises - das heißt, wer gilt als behindert - nationalspezifisch sehr unterschiedlich ausgelegt wird. Der Blick nach Asien zeigt, wie deutlich kulturelle Traditionen den Umgang mit behinderten Menschen - und damit auch die Politik und Rechtsentwicklung prägen. Allein die Tatsache, dass der Anteil behinderter Menschen in asiatischen Ländern in der amtlichen Statistik in der Regel deutlich unter fünf Prozent liegt (während er in Europa mit über zehn Prozent angegeben wird), macht deutlich, dass „Behinderung“ ein soziales Konstrukt ist.

Der Einblick in die Behindertenpolitik verschiedener asiatischer Länder stellt hier eine bedeutsame Erweiterung des europäisch geprägten Blickwinkels der Leserinnen und Leser dieses Buches dar. Bezogen auf die Europäische Union wird deutlich, dass es trotz der hohen Komplexität der nationalen Konzepte bereits eine europäische Politik für Menschen mit Behinderungen gibt, die im globalen Zusammenhang Signalwirkung haben könnte.

Zielgruppen
Das Buch ist vornehmlich für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber auch Studierende konzipiert, die sich mit der Politik für behinderte Menschen im europäischen und internationalen Kontext befassen. Gleichzeitig ist es aber auch für Praktikerinnen und Praktiker aus der Freien Wohlfahrtspflege und der Sozialpolitik von Bedeutung, die sich schnell einen Überblick über die verschiedenen nationalen Ansätze und die Einflussnahme durch die Europäische Union und internationale Institutionen verschaffen wollen.

Zum Wert des Buches für die Zielgruppen
Für die Zielgruppe der Wissenschaft stellt dieses Buch ein hervorragendes Kompendium dar, das nicht nur eine Lücke hinsichtlich einer internationalen Darstellung der Politik für behinderte Menschen schließt, sondern auch als Nachschlagewerk von Nutzen sein dürfte.

Für Fachleute aus der Praxis der Freien Wohlfahrtspflege und Sozialpolitik ist das Buch nicht ohne weiteres zugänglich, es bedarf sowohl des Vorwissens in rechtlicher Hinsicht, aber auch der Bereitschaft, sich auf die nicht immer leichte Sprache der Autorinnen und Autoren einzulassen.

Fazit
Mit diesem Buch haben die Herausgeber einen Meilenstein der Fachliteratur im Bereich der Politik für behinderte Menschen auf den Markt gebracht, dem für die künftige Politikgestaltung ein hoher Einfluss gewünscht werden darf.

(Rezensiert von Prof. Dr. Marion Möhle, http://www.bagwfbm.de, bei socialnet.de)

Wo bekommen Sie den Text?

Nomos Verlagsgesellschaft
https://www.nomos-shop.de

Referenznummer:

R/NV9005x01

Informationsstand: 18.03.2019