Dissertation an der Universität Erlangen Nürnberg, 2011.
Diese Promotionsarbeit beschäftigt sich mit den Folgen der Poliomyelitis an den Bewegungs- und Stützorganen sowie mit den operativen und konservativen Therapiemöglichkeiten in der Orthopädie. Dabei handelt es sich um einen historischen Abriss der Behandlungsmöglichkeiten der Poliomyelitis.
Die Virusinfektion kann zu einer entzündlichen, perivaskulären Infiltration mit später gliöser Vernarbung in den Vorderhörnern des Rückenmarks führen. Auch die Hirnnervenkerne der Medulla oblongata, der Pons und des Mittelhirns können betroffen sein. Dadurch kommt es zu schlaffen Lähmungen der Muskulatur und muskulärer Dysbalance, welche zu Skelettdeformierungen, Kontrakturen und pathologischer Funktion der Gelenke führen.
Die reduzierte Ökonomie der Bewegungsabläufe verstärkt die Ermüdung und die Schwäche der Muskulatur, kann Muskelschmerzen auslösen oder potenzieren und die Funktion und Aktivität einschränken. Zudem verfügt die betroffene Muskulatur nicht über die physiologischen Adaptationsfähigkeiten. Eine chronische Überlastung der partiell denervierten Muskeln führt deshalb zu Atrophien.
Eine besondere Aufgabe der krankengymnastischen Behandlung ist die Schulung und Verfeinerung von Kompensations- und Trickbewegungen, die den Patienten ein hohes Maß an Selbstständigkeit im Alltag ermöglichen. Viele Patienten benutzen Orthesen, Gehhilfen und zahlreiche Hilfsmittel zur Reduktion von Gelenkfehlstellungen und Erleichterung der Mobilität.
Einige Deformitäten können auch chirurgisch behandelt werden. Es wurden zahlreiche Verfahren zur Stabilisierung des Gelenkes oder Verbesserung der Gelenkfunktion entwickelt. Im Allgemeinen unterscheidet man dabei Weichteil- und knöcherne Operationsverfahren. Zu den Weichteiloperationen gehören Muskel- und Sehnenverlagerungen, Fasziotomien, Kapsulotomien, Sehnenverlängerungen und Weichteilrelease.
Bei den knöchernen Verfahren unterscheidet man Arthrodesen, Osteotomien und Implantationen von Endoprothesen. Der Schwerpunkt der operativen Therapie soll nicht nur auf die Korrektur der Deformitäten, sondern auch auf die Stabilisierung der Gelenke und Herstellung muskulärer Balance gelegt werden. Dafür ist eine exakte präoperative Analyse der Deformität, der Restmuskelkraft
bzw. des Paresemusters von essentieller Bedeutung.
[Aus: Autorenreferat]