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Dokumentart(en): Zeitschriftenbeitrag
Titel der Veröffentlichung: Rollende Ge-h-hilfen: Rollatoren im Test (Teil 2)

Der Text ist von:
Friedrich, Edmund

Der Text steht in der Zeitschrift:
Selbsthilfe, (01), Seite 27; 34

Den Text gibt es seit:
2006

Beschreibung:

Das steht in dem Text:

Nachdem im 1. Teil dieses Artikels die wichtigen technischen Aspekte eines Rollators beschrieben wurden, sollen im abschließenden 2. Teil noch einige Ausstattungsaspekte betrachtet werden. Außerdem werden Tipps zum Überwinden von Hindernissen gegeben; schließlich wird aufgezeigt, worauf man beim Erwerb eines Rollators achten sollte. Hierbei wird die Finanzierung durch die Krankenkassen im Vordergrund stehen.

Sitz
Für die gehbehinderten Nutzer eines Rollators ist dieser gegenüber Krücken unter anderem auch deshalb von Vorteil, weil er mit einem Sitz ausgestattet ist. Je nach Ruhebedarf kann der Rollator auch als Sitzgelegenheit benutzt werden. Die Sitze sind bei den meisten Modellen nicht besonders tief und bieten somit auch keinen Sitzkomfort. Mit ihren durchschnittlichen Größen von 16 x 40 cm sind sie nicht mit einem Stuhl vergleichbar. Die Hersteller weisen in ihren Gebrauchsanleitungen darauf hin, dass die Rollatoren keine fahrbaren (Roll-)Stühle sind. Die Sitze sind vielmehr für ein kurzzeitiges Ausruhen gedacht.

Die Rahmenkonstruktion ist hinsichtlich der Belastbarkeit nicht mit der eines Rollstuhles zu vergleichen. Die Sitzhöhe ist auch nicht variabel. Sie ist von der Größe des Gestelles abhängig. Meistens wird von einem Modell eines Herstellers nur eine Größe angeboten. Bei fast allen getesteten Rollatoren betrug die durchschnittliche Höhe des Sitzes 60 cm. Nur das Gerät RL 120 von Bischoff & Bischoff war mit 50 cm deutlich niedriger. Den Menschen, die mit dem Aufstehen aus einem tiefen Sitz Probleme haben, kommen die relativ hohen Sitze der Rollatoren entgegen.

Die Größenmaße der Rollatoren für Kinder unterscheiden sich von den Erwachsenengeräten. Dort beträgt die durchschnittliche Sitzhöhe circa 45 cm. Unbedingt sollte beachtet werden, dass man sich richtig auf den Sitz setzt. Zuerst werden dazu die Feststellbremsen gedrückt, so dass der Rollator nicht wegrollen kann. Erst dann setzt man sich mit dem Rücken zur Fahrtrichtung auf den Sitz. Man sitzt also „rückwärts".

Rückenbügel
Fast alle Rollatoren kann man nachträglich mit einem Rückenbügel ausrüsten. In einigen Fällen gibt es diesen auch als Gurt. Rückenbügel übernehmen die Funktion einer Lehne für den Sitz. Es gibt jedoch Modelle, die ab Werk mit Rückenbügeln ausgestattet sind. So war unter den Testmodellen der Rollator Polo von der Firma Rebotec mit einem Rückenbügel versehen. Dieser ist zusammen mit den Handgriffen in einer Rohrstange integriert. Das sieht auf den ersten Blick durchaus komfortabel aus, ist aber nicht ohne Nachteil. Denn bei der Höhenverstellung der Handgriffe kommt auch die Rückenlehne weiter nach oben, so dass der Abstand zwischen Sitz und Rückenlehne deutlich geringer wird. Wenn man sich dann hinsetzt, drückt die Lehne sehr unangenehm in den Rücken. Das haben die Testpersonen bei der Überprüfung durch die Stiftung Warentest als Nachteil bemängelt.

Zubehör
Für die meisten Rollatoren, also auch für die Standardmodelle, gibt es Zubehör. Zur Grundausstattung gehören bei fast allen marktgängigen Modellen der Einkaufskorb und ein Ablagetablett. Als Zubehör kann man dann je nach dem Angebot der Anbieter Stockhalter und Rückengurte oder -lehnen bestellen.

Gebrauchsanleitungen
Beim Rollatorentest wurden auch die Gebrauchsanleitungen überprüft, die mit den Geräten ausgeliefert werden. Was macht eine gute Gebrauchsanleitung aus? Angesichts der überwiegend älteren Benutzer von Rollatoren sollten diese Anleitungen in einer ausreichend großen Schrift gedruckt sein, die Buchstabengröße sollte schon 12 Punkt betragen. Ferner sollten die technischen Beschreibungen zu den oben beschriebenen Einstellungen auch für einen technisch wenig versierten Benutzer nachvollziehbar sein. Vielleicht muss man bei Reisen den Rollator zusammenklappen und die Handgriffhöhe verändern und dazu auf die Anleitung zurückgreifen. Zusätzlich hat die Stiftung Warentest Hinweise für die Bewertung der Gebrauchsanleitung herangezogen, wie zum Beispiel Adressenangaben der Hersteller, Reparaturannahmen sowie Entsorgungstipps. Wenn man den Rollator vom Sanitätsfachhandel bezogen hat, genügt gegebenenfalls dessen Adresse, da er für Beratung und mögliche Reparaturen zuständig ist. Da technische Hilfsmittel immer häufiger auch übers Internet erworben werden können, sind die aufgezählten Angaben in einer Gebrauchsanleitung notwendig.

... noch einige Tipps zum Fahren
Wie beschrieben, ist der Rollator eigentlich ein überschaubar konstruiertes technisches Hilfsmittel, das einfach zu bedienen ist. Dennoch lohnt es sich, ein paar Tipps zur besseren Handhabung zu beachten. Im Test, den die Stiftung Warentest durchführte, hatte sich auch herausgestellt, dass die Testpersonen einige Funktionen am Rollator falsch bedienten. Und dies, obwohl sie teilweise mehrjährige Erfahrung im Umgang mit einem Rollator haben.

Wenn man davon ausgehen kann, dass diese Seniorinnen und Senioren ihre Rollatoren vom Sanitätsfachhandel bezogen haben, also entsprechend eine Einweisung in die richtige Benutzung des Gerätes bekommen haben, ist dies schon erstaunlich. Was haben diese Benutzer nicht gewusst oder falsch gehandhabt? Keiner von ihnen konnte den Rollator selbst zusammenfalten. Das lag zuerst an mangelnder Kenntnis, wie ein Rollator zusammengefaltet wird. Auch nach einer präzisen Unterweisung zum Zusammenfalten waren die meisten Nutzer dazu nicht in der Lage. Es zeigte sich, dass nicht nur Geschicklichkeit, sondern vor allem die körperliche Kraft fehlte. Besonders dieser Aspekt muss bei Ratschlägen zur richtigen Bedienung des Rollators berücksichtigt werden.

Unabhängig davon ist es natürlich zweckmäßig, dass der Benutzer eines technischen Hilfsmittels weiß, wie er dieses richtig anwendet. Beim Zusammenfalten etwa, das immer dann in Frage kommt, wenn der Verstauraum für den Rollator in Bus, Auto, Wohnung oder Café knapp bemessen ist, sollten die Nutzer sehr genau auf die richtigen Handgriffe achten. Es besteht große Verletzungsgefahr für die Hände, wenn man rechts oder links in die seitlichen Scherwinkel des Gestelles greift. Hier haben die Hände unter keinen Umständen etwas zu suchen, denn dort besteht größte Klemm- und Quetschgefahr!

Überwindung von Türschwellen
Große Schwierigkeiten bereitet das Überfahren von Türschwellen, die sich an vielen Orten als ein beträchtliches Hindernis erweisen. Hier empfiehlt sich eine besondere Fahrtechnik, die unabhängig von der individuellen Körperkonstitution und Koordinationsfähigkeit ist. Zunächst sollte man schräg an die Schwelle heranfahren, um einen Frontalaufprall der Vorderräder mit der Türschwelle zu vermeiden. Wenn man schräg an die Schwelle heranfährt, kann man die Vorderräder einzeln über die Schwelle bugsieren. Je nach Größe der Räder, Schwung und Eigenkräften des Nutzers rollen die Räder über die Türschwelle, ohne dass man sie besonders anheben muss. Mit dieser Herangehensweise können auch Nutzer mit wenig Eigenkraft sogar einen beladenen Rollator (meist beträgt das Ladegewicht nicht mehr als 5 Kilogramm) über eine 2 cm hohe Schwelle fahren.

Überwindung von Bordsteinkanten
Bordsteinkanten sind meistens höher als 5 cm, oft bis zu gut 10 cm hoch. Noch vorhandene Koordinationsfähigkeit und die verbliebenen Körperkräfte in Arm und Bein spielen hier eine große Rolle. Es gibt zwei Möglichkeiten, über die Bordsteinkante zu fahren. In dem einem Fall fährt man den Rollator rückwärts an die Kante heran und hebt ihn mit den hinteren Rädern ein wenig nach oben. Allerdings widerspricht das Rückwärtsfahren allen Regeln und Gefahrenhinweisen, die von den Herstellern in ihren Gebrauchsanleitungen gegeben werden. Und sie stehen auch zu Recht dort. Für Personen, die gehbehindert sind oder eine schwache Körperkonstitution haben, besteht beim Rückwärtsgehen immer eine besondere Stolpergefahr. Bei der anderen Variante fährt man normal an die Bordsteinkante heran und betätigt dann die Fahrbremse. So kann man den Rollator besser über die hinteren Räder kippen und dann die vorderen Räder auf Höhe der Kante heben. Dann lässt man sofort die Fahrbremse los und schiebt den leicht gekippten Rollator vollständig an die Bordsteinkante heran. Nun muss man nur noch mit den hinteren Rädern rüberfahren. Auch hier kommt es wieder auf die individuellen persönlichen Fähigkeiten an, denn einige Kraft und Geschicklichkeit beim Balancieren benötigt man hierfür schon. Am besten ist es also, wenn man solche hohen Hindernisse, wenn es irgendwie geht, vermeiden kann, besser über abgeflachte Kanten fährt und eben die Fußgängerüberwege benutzt.

Von den Krankenkassen bezahlt
Laut Stiftung Warentest werden im Jahr 500.000 Menschen von den Krankenkassen mit einem Rollator versorgt. Beste Chancen auf eine Finanzierung ohne eigene Zuzahlung hat ein Nutzer dann, wenn er sich mit dem Angebot der „einfachen“ Standardmodelle zufrieden gibt. Im Testheft 9/2005 heißt es dazu: „Da gibt es dann für den Nutzer nicht viel zu wählen, weder Modell noch Farbe, auch nicht, ob der Rollator neu oder eventuell gebraucht aus einem Depot der Kasse kommt.“ Wenn man keine weiteren Ansprüche stellt hinsichtlich mehr Komfort oder schönerem Design, bekommt man ohne weitere Eigenzahlung einen Rollator. Die meisten Rollatoren wurden im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) aufgenommen. Angeblich ist das Ziel der GKV, nur noch Modelle aufzunehmen, die praktisch nicht mehr repariert werden müssen (daher findet man unter anderem keine Luftbereifung mehr bei den Rollatoren).

Die Zahlungsmodalitäten der Krankenkassen unterschieden sich leider bei den fast 300 Krankenkassen, gegebenenfalls auch noch je nach Bundesland. Hier sei nur ein Beispiel aus Berlin zitiert, das den Hintergrund etwas illustrieren soll. Dort hat im letzten Jahr der Fachverband der Orthopädietechnik mit der AOK Berlin einen Reha-Vertrag über die Abgabe von Rollatoren und Deltarädern abgeschlossen. Als Vergütungsregelung wurde das Fallpauschalenmodell vereinbart.

Der Sanitätsfachhandel bekommt pro Standardrollator 91,50 Euro. Wenn nun ein Mitglied der AOK Berlin einen Rollator verschrieben bekommt, wird er diesen beim Fachhändler bekommen. Welches Modell man dort erhalten kann, hängt von der entsprechenden Auswahl des Händlers ab. Bei individuellen Wünschen des Patienten kommt es auf den Vertrag seiner Krankenkasse mit dem Sanitätsfachhandel an, ob zum Beispiel dieses erwünschte Modell auch vom Leistungsträger über die Fallpauschale teilfinanziert wird. Ist dies der Fall, muss man den Differenzbetrag dann privat bezahlen.

Der Testsieger bei der Stiftung Warentest, Tropo Troja mit seinen beschriebenen Vorteilen, ist nach Stand der Dinge nicht ohne eine private Zuzahlung zu bekommen. Stiftung Warentest: „Wer den Testsieger Tropo Troja auswählt und besitzen möchte, zahlt beispielsweise bei einem Berliner Sanitätsfachhändler 200 Euro dazu.“ Die Preisspanne der getesteten Rollatoren lag zwischen 129 und 475 Euro. Das entspricht den durchschnittlichen Marktpreisen.

Kauf eines Rollators
Im Normalfall kauft der Interessent den Rollator beim Sanitätsfachhandel. Dort sollte er auch eine Einweisung in die richtige Bedienung des Gerätes bekommen, etwa wie die Handgriffe in der Höhe richtig eingestellt werden, wie die Bremsen zu bedienen sind und wie das Gerät gepflegt wird. Diese Dienstleistungen sind im Preis inbegriffen. Hinzu kommt natürlich, dass der Kunde den Rollator bereits zusammengebaut bekommt und er ihn sofort benutzen kann.

Der Käufer darf davon ausgehen, dass unter anderem die sicherheitsrelevanten Teile wie Bremsen und Handgriffe den Anforderungen entsprechend eingestellt sind. Nun können bekanntlich technische Hilfsmittel auch per Internet erworben werden. Die Angebote differieren teilweise erstaunlich gegenüber den Fachhandelspreisen. Man sollte aber beachten, dass dafür die genannten Dienstleistungen wie Beratung, Einweisung, Zusammenbau und Wartung fehlen. Ohne Hilfe eines Dritten wird ein technisch normal begabter Mensch den Rollator gewiss nur äußerst mühsam zusammenbauen können. Die individuelle Einstellung der Bremsen erfordert auch mit einer Gebrauchsanleitung technische Kenntnisse, verschiedenes Werkzeug und einiges Geschick. Zu bedenken ist dabei insbesondere der Sicherheitsaspekt. Wer privat keine fachmännische Hilfe zur Hand hat, dürfte beim Fachhandel trotz der Preisunterschiede besser aufgehoben sein.

Beratung
Wie in allen Bereichen des unüberschaubaren Versorgungsangebotes im Gesundheitswesen stellt sich auch hier die Frage, wo man sich gut und unabhängig beraten lassen kann. Die Krankenkassen und auch der Fachhandel werden naturgemäß nur über ihre Angebote informieren können, die auf den zugrundeliegenden Verträgen beruhen, von denen aber der Patient nichts weiß. Überregional bekannte Beratungsstellen für technische Hilfsmittel sind offenbar rar gesät. Es gibt den Sozialverband VdK Deutschland mit seinen Landesverbänden und in Hamburg den Verein „Barrierefrei Leben e.V. „ (Verein für Hilfsmittelberatung, Wohnraumanpassung und barrierefreie Bauberatung). Darüber hinaus ist ein Hilfesuchender am besten bei örtlichen und regionalen Selbsthilfegruppen und in den vielen Beratungsstellen für Seniorinnen und Senioren aufgehoben.

Wo bekommen Sie den Text?

Selbsthilfe
Das Erscheinen der Zeitschrift wurde Ende 2015 eingestellt.
https://www.bag-selbsthilfe.de/

Referenznummer:

R/ZS0066/0057B

Informationsstand: 03.04.2006