Hintergrund:
Angesichts struktureller Massenarbeitslosigkeit sowie des Zusammenhangs zwischen Arbeitslosigkeit und Alkoholabhängigkeit stellt sich die Frage nach der beruflichen und suchtmedizinischen Re-Integration alkoholkranker Arbeitsloser.
Hierzu wurde vom bfz München zusammen mit Kooperationspartnern das SINE.-Projekt (lat. sine = ohne; ohne Alkohol) seit 2002 als ein Modellprojekt für Einrichtungen der sozialen und beruflichen Sicherung beziehungsweise Wiedereingliederung und der suchtmedizinischen Versorgung entwickelt und umgesetzt.
Ergebnisse:
Bisher vier SINE.-Durchläufe, insgesamt 763 Personen zum Clearing eingeladen. Altersdurchschnitt 44,5 Jahre. Vierfache Benachteiligung dieser Klientel hinsichtlich der Vermittlungschancen am Arbeitsmarkt: langzeitarbeitslos, älter, alkoholkrank, mit weiteren chronischen Erkrankungen belastet; nur bei 51 Prozent abgeschlossene Berufsausbildung.
Bisher 239 Teilnehmer, davon 125 (52 Prozent) bereits früh wegen Motivationsproblemen ausgeschieden. Damit verbleibend 114 Teilnehmer, bei 96 stationärer Entzug erforderlich. Bisher zwei abgeschlossene SINE.-Durchläufe, ein dritter in der Abschlussphase. Im bisherigen Verlauf Ausweitung des gemeindenahen suchtmedizinischen Angebotes, zudem klarere Formulierung der Anforderungen an die Teilnehmer bezüglich Abstinenz, Motivation und Mitarbeit.
Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass alkoholabhängige Langzeitarbeitslose durch das SINE.-Programm über betriebliche Praktika in die Arbeitswelt re-integriert werden können: Alle Teilnehmer der Integrationsmodule absolvierten Praktika, 8 der 14 (57 Prozent) Absolventen im zweiten SINE.-Durchlauf konnten ein festes Arbeitsverhältnis antreten.
Diskussion:
Programmausgestaltung und -handhabung werden kontinuierlich verändert. Die gemeindenahe suchtmedizinische Versorgung ist durch Frühinterventionen bei Krisen und die höhere Betreuungsintensität wichtig. Erwartungen und Kontrolle hinsichtlich Abstinenz, Arbeitsfähigkeit, Motivation und Zuverlässigkeit der Teilnehmer wurden klarer gefasst, was der Haltequote zugute kam. Der bisherige Verlauf zeigt, dass für die Teilnehmer klare Strukturen bezüglich Abläufen und Konsequenzen sowie kontinuierliche Mitarbeit wichtig sind. Mit einem geeigneten Konzept können alkoholabhängige Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt re-integriert werden. Deutlich ist, dass eine berufliche Wiedereingliederung nur mit suchtmedizinischer Begleitung Chancen hat.
Projektbeteiligte sind bfz München, Soziale Dienste e.V., BKH Agatharied, Agentur für Arbeit München, Amt für Soziale Sicherung der Landeshauptstadt München, Landesversicherungsanstalt Oberbayern, BKH Haar.