Im Februar 2008 fand das 40. Kontaktseminar des Deutschen Sozialrechtsverbandes e.V. statt. Hauptanliegen des diesjährigen Seminars war das
SGB IX in seiner praktischen Anwendung. Zu Beginn stellte der Vorsitzende des Verbandsvorstandes,
Prof. Dr. Peter Udsching, die Bedeutung des Themas für die Praxis heraus.
Im Eröffnungsvortrag nahm
Prof. Dr. Felix Welti von der Hochschule Neubrandenburg zur Systematischen Stellung des
DGB IX im Sozialgesetzbuch Stellung und ordnete das
SGB IX als Gesetz zur Umsetzung des Benachteiligungsverbots ein.
Weiterhin bezeichnete er das
SGB IX als ein Leistungsverfahrens- und Leistungsinhaltsgesetz zur Konkretisierung der in den anderen Büchern des Sozialgesetzbuches enthaltenen Ansprüche. Abschließend widmete er sich der Zusammenarbeit der Leistungsträger und forderte hinsichtlich der verwaltungsrechtlichen Koordination der Leistungen, Konflikte kommunikativ zu führen und zu entscheiden.
Im anschließenden Referat stellte
Prof. Dr. Wolfhard Kothe von der Universität Halle-Wittenberg zehn Thesen zu den arbeits- und sozialrechtlichen Problemen des Eingliederungsmanagements nach Krankheit oder bei krankheitsbedingter Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf. Er plädierte unter anderem für einen präventiven Einsatz des betrieblichen Eingliederungsmanagements, um den Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit frühzeitig zu vermeiden und so eine krankheitsbedingte Kündigung zu vermeiden.
Um das Verhältnis von Rehabilitation und Pflege geht es in
Prof. Dr. Wolfgang Schüttes Vortrag zur Umsetzung des Grundsatzes Reha vor Rente, Pflege und andere Sozialleistungen unter der Geltung des
SGB IX, in dem er auf die Strukturprobleme des deutschen Sozialrechts verwies.
Die Ziele der zwei Instrumente lägen zwar nah beieinander, doch seit der Verrechtlichung gebe es Zuordnungs- und Zuständigkeitsprobleme. Aus diesem Grund appellierte er an die Rechtsprechung und Verwaltung, Verantwortlichkeiten pragmatisch zuzuordnen und kreativ nach integrierenden Vorschriften und Lösungen zu fahnden.
Dr. Bernd Schütze, Richter am
BSG, trug zu den Einflüssen des
SGB IX auf das Leistungsrecht der
GKV vor. Er beschäftigte sich ausführlich mit der Frage, welche Solidargemeinschaft für welches Risiko aufkommen sollte und welche Risiken die Allgemeinheit aus dem Steueraufkommen als Sozialhilfe absichern sollte.
Im Anschluss informierte der Präsident des
BSG Peter Masuch über das
SGB IX und Eingliederungshilfe nach dem
SGB XII. Eingliederungshilfe sei an dem Hauptziel auszurichten, Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe zu fördern sowie Benachteiligung zu vermeiden. Dieses Ziel sei ohne den Einfluss des
SGB IX nicht zu verwirklichen. Weiterhin stellte er fest, dass das Wunsch- und Wahlrecht behinderter Menschen im SGB sozialhilferechtlich geprägt ist.
In ihrem Beitrag zu aktuellen Fragen des Schwerbehindertenrechts im
SGB IX behandelte Sabine Knickrehm, Richterin am
BSG, die Feststellungen nach § 69
SGB IX im Lichte des modernen Behinderungsbegriffs. Harry Fuchs, Berater der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, zeigte den Teilnehmern die Auswirkungen des
SGB IX auf die Leistungserbringung unter Berücksichtigung des Vertragsrechts, der Qualitätssicherung und des persönlichen Budgets.
Zum Abschluss der Tagung referierte Steffen Luik, Richter am Sozialgericht Ulm zum Thema Interdependenzen von
SGB IX und Arbeitsförderungsrecht sowie der Grundsicherung für Arbeitssuchende. In der Einleitung stellte er heraus, dass auch nach der Neuordnung des Behindertenrechts im Jahr 2001 das gegliederte System beibehalten wurde. Daher seien auch die Vorschriften des
SGB II und
SGB III im Lichte des
SGB IX auszulegen.
Luik benannte die Bundesagentur für Arbeit als Träger von beruflichen Reha-Leistungen sowohl im Arbeitsförderungsrecht als auch im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Abschließend stellte er zu den Struktur- und Prozessänderungen in der beruflichen Rehabilitation nach Einführung des
SGB II eine qualitative Implementationsstudie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit [IAB] in Zusammenarbeit mit der Universität Halle-Wittenberg vor.