Die Arbeit ist eine Dissertation an der Universität zu Lübeck, 2016.
Angesichts verbesserter Behandlungsmöglichkeiten und der damit steigenden Lebenserwartung gewinnt der Übergang von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin, der auch als Transition bezeichnet wird, zunehmend an Bedeutung. Zusätzlich zu den üblichen Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz kommt auf Jugendliche mit einer chronischen Erkrankung eine Vielzahl von krankheitsbedingten Bewältigungsanforderungen zu. Daher gestaltet sich das Erwachsenwerden mit einer chronischen Erkrankung häufig schwierig und kann insbesondere auch mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes verbunden sein. Bisher mangelt es in Deutschland an einem flächendeckenden, krankheitsübergreifenden und strukturierten Angebot zur gezielten Unterstützung in dieser Lebensphase.
Im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojektes „Förderung der Gesundheitsversorgungs-Kompetenz von Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen in der Transition von pädiatrischen zu erwachsenenzentrierten medizinischen Versorgungssystemen“ wurden leitfadengestützte Fokusgruppen und Einzelinterviews mit 29 chronisch kranken Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Diabetes mellitus Typ 1 n = 12, Mukoviszidose n = 7 und Chronisch entzündlicher Darmerkrankung n = 10) durchgeführt, um das Krankheitserleben dieser jungen Menschen im Kontext ihrer Entwicklungsaufgaben zu untersuchen und somit die Themen, Aspekte und Bedürfnisse zu identifizieren, die sowohl bei der Konzeption einer effektiven generischen Transitionsschulung als auch bei der Betreuung chronisch kranker Jugendlicher im Rahmen der ärztlichen Versorgung berücksichtigt werden sollten. Die transkribierten Interviews wurden mithilfe der strukturierenden Inhaltsanalyse nach Mayring unter Verwendung des QDA-Software-Programms MAXQDA (Trademark) ausgewertet.
Zusätzlich zu den alterstypischen Anforderungen berichteten die befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen über eine Vielzahl sowohl von psychischen, zeitlichen/organisatorischen als auch körperlichen Belastungen. Hierzu zählen
z. B. Zukunftsängste, Einschränkungen in den sozialen Aktivitäten, die Abhängigkeit von medizinischen Behandlungen, das Angewiesensein auf Unterstützung und Infrastruktur, aufwändige therapeutische Maßnahmen, Fehlzeiten in der Schule, eine eingeschränkte Berufswahl, ein reduziertes körperliches Wohlbefinden sowie eine fehlende Spontanität im Alltag. Von besonderer Bedeutung schienen Krankheitsmerkmale wie ein progredienter Verlauf, eine verkürzte Lebenserwartung oder eine ungeklärte Ätiologie für das Belastungserleben der Jugendlichen zu sein. Einige Jugendliche nutzten in dieser Lebensphase zunehmend funktionelle Copingstrategien und zeigten ein weniger adhärentes Gesundheitsverhalten.
Des Weiteren zeigte sich, dass eine chronische Erkrankung den Ablösungsprozess von den Eltern zusätzlich erschwert. Häufig führte das Bestreben der Jugendlichen nach Autonomie und Privatsphäre auf der einen und die Sorgen und das Kontrollbedürfnis ihrer Eltern auf der anderen Seite zu Konflikten. Zusammenfassend konnten detaillierter Einblicke in das Leben mit einer chronischen Erkrankung aus der Perspektive von Jugendlichen und jungen Erwachsenen gewonnen werden. Die so identifizierten Themen
bzw. speziellen Bedürfnisse konnten zur Konzeption einer Transitionsschulung beitragen und können darüber hinaus in der medizinischen Versorgung während der Phase des Erwachsenwerdens genutzt werden.
[Aus: Autorenreferat, Zusammenfassung]