Inhaltliche Angaben
Beschreibung:
Das steht in dem Text:
Vollkommen zu Recht wollen Menschen mit Behinderungen nicht als dauertraurige Tröpfe wahrgenommen werden, die ihr tristes Dasein in Trostlosigkeit hinter vergilbten Gardinen verbringen. Damit steigt der Druck, sich aktiv und engagiert, lebenshungrig und selbstbestimmt zu zeigen. Wenn wir für depressiv oder traumatisiert gehalten werden, nur weil wir eine Behinderung haben, fühlen sich viele von uns falsch verstanden, denn Behinderung ist zunächst kein Grund für Depressionen.
Depressive Menschen ohne Behinderung hingegen hat die Autorin manchmal sagen hören, sie wünschten sich lieber ein Bein ab als den Höllentrip der Depression. Das kann sie nachfühlen, möchte aber mit der Vorstellung aufräumen, dass Menschen mit sichtbaren Behinderungen nicht auch von Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen betroffen sein können. Dabei kann die Behinderung, muss aber nicht, ein belastender Faktor sein, insbesondere durch dauerhafte und schädigende Stigmatisierungserfahrungen. Wird die Depression unabhängig von der Behinderung ausgelöst, kann es dennoch sein, dass auch eine vormals gut verarbeitete Behinderung nun schwerer wiegt und nicht mehr so gut kompensiert werden kann.
Die Autorin findet es problematisch, dass Menschen mit Behinderungen selten offen über Depressionen sprechen können. Wir trennen hier noch sehr stark: Auf der einen Seite sind die behinderten Menschen, auf der anderen Seite diejenigen mit Depressionen. Beides kommt aber auch gekoppelt vor, was nicht nur die Behindertenszene selbst, sondern auch das Hilfesystem nicht ausreichend berücksichtigt.
Liegt es daran, dass wir uns nicht auch noch mit diesem Stigma sichtbar machen wollen? Schon Menschen ohne Behinderung, die über psychische Belastungen sprechen, haben Ängste vor Vorurteilen in der Gesellschaft. Vielleicht will jene Gesellschaft dann erst recht den Doppel-Whopper Depression plus Behinderung auch in doppelter Hinsicht übersehen, weil Behinderung allein schon befremdet? Wenn schon ein „Behinderter“ inkludiert werden soll, dann doch bitte einer, der permanent gut drauf ist und andere zu positiven Sichtweisen inspiriert?