Keine Entwarnung auf dem Arbeitsmarkt: Die Lage der Inklusion bleibt auch im zweiten Corona-Jahr alarmierend. 2021 waren im Durchschnitt noch deutlich mehr Menschen mit Behinderungen arbeitslos als im Vorjahr. Zu diesem Ergebnis kommt das Inklusionsbarometer, das das Handelsblatt Research Institute im Auftrag der Aktion Mensch erstellt hat. Von Verbesserungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt spüren Menschen mit Behinderungen demnach nur wenig.
Die Corona-Pandemie erschüttert die Situation für Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt das zweite Jahr in Folge: In den ersten zehn Monaten 2021 waren im Durchschnitt 174.006 Menschen mit Behinderungen arbeitslos - und damit sogar noch einmal mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Den traurigen Höchststand seit Beginn der Krise markierte der Januar mit 180.047 Arbeitslosen mit Behinderung. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes.
Acht Prozent mehr Arbeitslose als vor der Pandemie
Auch wenn die Studienergebnisse zeigen, dass sich der seit Beginn der Pandemie vorherrschende negative Trend im Jahresverlauf 2021 etwas verlangsamt, ist eine Entwarnung aus Sicht der Aktion Mensch noch lange nicht gegeben. So waren im Oktober dieses Jahres zwar rund vier Prozent weniger Menschen mit Behinderungen in Deutschland ohne Arbeit als im Oktober des Vorjahres - doch noch immer über acht Prozent mehr als im Vergleichszeitraum vor der Pandemie.
Erreichte Fortschritte sind verloren
"Insgesamt liegt das Niveau der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt weiterhin auf dem Stand von 2016. Da sich die Situation in den Jahren vor Corona fast stetig verbesserte, heißt das: Alle seither erreichten Fortschritte sind verloren", bestätigt
Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes. „Aktuell entwickelt sich die Lage für Menschen mit Behinderungen zudem weniger positiv als für Menschen ohne Behinderung. Denn erfahrungsgemäß ist der Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen von einer geringeren Dynamik geprägt.“ Für den Ausblick bedeutet dies: Menschen mit Behinderungen werden deutlich länger gegen die Negativfolgen der Pandemie anzukämpfen haben.
Langzeitarbeitslose mit Behinderung - vom Arbeitsmarkt vergessen
Damit steigt weiterhin auch die Gefahr, dass noch mehr Menschen mit Behinderungen in die Langzeitarbeitslosigkeit geraten. Schon im letzten Jahr waren knapp 70.000 Personen mit Behinderung mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung, davon über die Hälfte sogar länger als zwei Jahre. „Die Langzeitarbeitslosigkeit ist auch unabhängig von der derzeitigen Krise ein gravierendes Problem", erklärt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. „Für Menschen mit Behinderungen, die schon lange arbeitssuchend sind, bestehen ohne eine aktive Unterstützung seitens Wirtschaft und Politik kaum Chancen, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Diese Menschen werden schlichtweg vergessen und durch strukturelle Barrieren auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt."
Kaum Erholung auf Länderebene - Hamburg und Bayern weiterhin stark betroffen
Trotz der leicht positiven Entwicklung, die sich seit Anfang dieses Jahres flächendeckend in Deutschland - mit der Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns - abzeichnet, liegt die Anzahl arbeitsloser Menschen mit Behinderungen in durchweg allen Bundesländern weiterhin über der des Vor-Corona-Zeitraums. Den höchsten Anstieg der Arbeitslosenzahlen infolge der Pandemie verzeichnen dabei nach wie vor die Bundesländer Hamburg mit fast 16 Prozent sowie Bayern mit rund 14 Prozent (Vergleichszeitraum Oktober 2019 und 2021).
[Aus: Information der Herausgebenden]